Claudia Felser mit EPS-Europhysikpreis 2023 für bahnbrechende Wissenschaft geehrt

Überblick

Prof. Claudia Felser, Direktorin am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden und ct.qmat-Wissenschaftlerin, hat gemeinsam mit dem Physikprofessor B. Andrei Bernevig von der Princeton University (USA) den EPS-Europhysikpreis 2023 erhalten. Die Auszeichnung wurde von der Europäischen Physikalischen Gesellschaft (EPS) verliehen und ehrt die „wegweisenden Beiträge zur Klassifizierung, Vorhersage und Entdeckung neuartiger topologischer Quantenmaterialien“ der beiden Forschenden.

 

Tausende neue topologische Verbindungen

Die Topologie zählt zu den derzeit heißesten Themen in der Festkörperphysik. Im Fokus stehen dabei Materialien, deren Eigenschaften wie Magnetismus oder elektrische Leitfähigkeit durch ihre Topologie bestimmt werden. Die Topologie bezeichnet ein Teilgebiet der Mathematik, das sich mit universellen Eigenschaften von Formen befasst. Bernevig und Felser sind international führend in diesem Bereich und kooperieren seit mehr als sieben Jahren. Sie entwickelten allgemeine Konstruktionsregeln für topologische Materialien, die zur Vorhersage tausender neuer topologischer Verbindungen und zur experimentellen Realisierung vieler dieser Verbindungen geführt haben. Mit ihren Forschungsergebnissen konnten Bernevig und Felser zeigen, dass die Topologie ein übergreifendes Konzept ist und wie sich Verbindungen klassifizieren lassen – ähnlich wie das Periodensystem die einzelnen Elemente klassifiziert.

 

Fruchtbare Kooperation

Das Wissenschaftsduo hat eng zusammengearbeitet: Bernevig und sein Team trafen theoretische Vorhersagen. Dann wurden gemeinsam mit Felser potenzielle Materialien mittels analytischer Methoden und hochentwickelter theoretischer Dichtefunktionaltechniken entworfen. Felser und ihre Mitarbeitenden haben schließlich einkristalline Materialien hoher Qualität gezüchtet und ihre physikalischen Eigenschaften charakterisiert. Mit den von Bernevig und Felser entwickelten Designregeln konnten neue und exotische Klassen von Quantenmaterialien in Isolatoren und Halbmetallen gefunden werden. Darunter sind Materialien, die den Quanten-Spin-Hall-Effekt aufweisen, neue Weyl-Halbmetalle und Materialien mit unkonventionellen Oberflächeneigenschaften. Viele dieser Materialien reagieren auf äußere Anregungen wie Magnetfelder, mechanische Verspannung, Druck oder Licht extrem stark, was sie für die Hightech der Zukunft nützlich machen könnte. Die Erforschung derartiger Stoffe schafft die Grundlage für Anwendungen von Quantencomputing über Thermoelektrik bis hin zu Supraleitung und neuartiger Sensorik.

 

Nicht zuletzt hat die einzigartige Kooperation von Bernevig und Felser zu der Entdeckung geführt, dass eine große Anzahl von Materialien topologische Eigenschaften in ihren Elektronenwellenfunktionen besitzen – etwa 30 Prozent der nahezu 200.000 bekannten anorganischen Verbindungen. Dies ist insofern eine erstaunliche Erkenntnis, da viele dieser Materialien weit verbreitet sind.

 

Prestigeträchtige Auszeichnung

Felser gehört zu den 25 Gründungsmitgliedern des Exzellenzclusters ct.qmat – Komplexität und Topologie in Quantenmaterialien. Die Festkörperchemikerin arbeitet an der Grenze zwischen Chemie und Physik und gehört zu den weltweit außergewöhnlich oft zitierten Forschenden. Sie ist international führend auf dem Gebiet des Designs und der Entdeckung neuer anorganischer Verbindungen, insbesondere sogenannter Heusler-Verbindungen und anderer topologischer Quantenmaterialien.

 

Der EPS-Europhysikpreis 2023 wurde ihr und Bernevig am 6. September 2023 auf der 30. Haupttagung des EPS-Bereichs für kondensierte Materie in Mailand überreicht. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird seit 1975 alle ein bis zwei Jahre verliehen, aktuell in der 40. Ausgabe. Er ist eine der prestigeträchtigsten Auszeichnungen Europas auf dem Gebiet der Physik der kondensierten Materie und würdigt wissenschaftliche Exzellenz. Zuvor waren die Ergebnisse der beiden Forschenden bereits durch weitere renommierte Auszeichnungen geehrt worden, darunter mit dem APS James C. McGroddy Prize for New Materials 2019.

Daten & Fakten

27.09.2023

 

Abbildung

Portrait von Claudia Felser

© Sven Döring

 

Ansprechpartnerin für Journalist:innen

Ingrid Rothe, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe Dresden (MPI CPfS), +49 351 4646 3001, pr@cpfs.mpg.de

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