Majorana-Fermionen
Hoffnungsträger für die Quantenwelt
Die ersten Quantenprozessoren lösen bereits in Minutenschnelle Aufgaben, für die konventionelle Supercomputer Jahre brauchen würden. Für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz oder Quantenkryptografie müssen sie aber weit mehr können. Die größte Herausforderung der aktuellen Forschung ist die Suche nach einem Ansatz, der 1.000 QuBits gleichzeitig möglich macht. Das meiste Potenzial versprechen hier topologische QuBits, deren Quantenzustände deutlich stabiler sind als die der sensiblen, nicht-topologischen Exemplare. Die Wissenschaftler:innen des Exzellenzclusters ct.qmat – Komplexität und Topologie in Quantenmaterialien konzentrieren sich dabei auf Majorana-Fermionen.
Majorana-Fermionen sind kleinste „Quasiteilchen“. Das bedeutet, sie verhalten sich wie Teilchen, sind aber gar keine. Tatsächlich handelt es sich um einen Effekt, der bei tiefen Temperaturen in speziell entworfenen Materialien entsteht. Die Physik spricht von „emergenten Teilchen“. Die Majoranas treten immer paarweise sowie oft räumlich getrennt voneinander auf – und sind trotzdem miteinander verbunden. In der Quantenphysik heißt das „Verschränkung“.
Mehrere Majorana-Fermionen zusammen können ein QuBit speichern. Rechenoperationen werden durch den Austausch zwischen ihnen ausgeführt – genauer durch ihre Bewegungen umeinander. Das Ergebnis hängt ausschließlich von der Geometrie bzw. Topologie dieses Austauschweges ab und ist daher stabil gegen Störeinflüsse.
„Exotische Wunderteilchen"
Die exotischen Majorana-Fermionen wurden 2012 zum ersten Mal in einem Festkörper nachgewiesen. Namensgeber der „Wunderteilchen“ ist der italienische Physiker Ettore Majorana, der schon in den 1930er-Jahren annahm, dass es sie gibt. Er war allerdings überzeugt, dass sie irgendwann als elementare Teilchen entdeckt werden – und dass sie Materie und Antimaterie zugleich sind. Inzwischen herrscht die Annahme vor, dass es derart außergewöhnliche Elementarteilchen nicht gibt. Doch man hat sie als Quasiteilchen in Quantenmaterialien gefunden. Sie könnten ermöglichen, wovon Hightech-Industrie und Wissenschaftscommunity träumen: das „nächste große Ding“, das die Welt verändert. Den Quantencomputer.